Pflegekammer NRW

Laumann: Die Pflege muss über sich selbst bestimmen

Anlässlich der konstituierenden Sitzung hat der nordrhein-westfälische Landesgesundheitsminister Karl-Josef Laumann deutlich gemacht, dass die neue Pflegekammer in seinen Augen überfällig ist.

Ilse SchlingensiepenVon Ilse Schlingensiepen Veröffentlicht:
Bei der konstituierenden Sitzung der Pflegekammer NRW: Anja Wiedermann (Geschäftsführerin Pflegekammer), Ludger Risse (Stv. Vorsitzender Errichtungsausschuss), Sandra Postel (Vorsitzende Errichtungsausschuss), Landesgesundheitsminister Karl-Josef Laumann, Gudrun Hasse-Kolkowski und Jens Albrecht (Vorstandsmitglieder Errichtungsausschuss) (v.l.n.r.)

Bei der konstituierenden Sitzung der Pflegekammer NRW: Anja Wiedermann (Geschäftsführerin Pflegekammer), Ludger Risse (Stv. Vorsitzender Errichtungsausschuss), Sandra Postel (Vorsitzende Errichtungsausschuss), Landesgesundheitsminister Karl-Josef Laumann, Gudrun Hasse-Kolkowski und Jens Albrecht (Vorstandsmitglieder Errichtungsausschuss) (v.l.n.r.)

© Jochen Rolfes

Düsseldorf. Die Schaffung einer Pflegekammer beseitigt zwei wesentliche Probleme, mit denen die Pflege seit Jahren zu kämpfen hat, glaubt der nordrhein-westfälische Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU): Die Pflegenden können nicht über die Geschicke ihrer Berufsgruppe bestimmen, und sie bleiben außen vor, wenn über Pflegefragen verhandelt wird. Mit der eigenen Kammer kommt die Pflege von der Fremdbestimmung zur Selbstbestimmung, sagte Laumann anlässlich der konstituierenden Sitzung der Pflegekammer NRW in Düsseldorf.

Die Pflegekammer kann nach zweijähriger Vorbereitungszeit jetzt die Arbeit aufnehmen. „Das ist der Tag, an dem die Pflege volljährig und eigenverantwortlich wird“, betonte Laumann bei einem Festakt. Bislang seien die rund 200.000 Pflegenden im bevölkerungsreichsten Bundesland nicht so organisiert gewesen, dass sie die Weiterentwicklung ihrer Profession in die eigene Hand hätten nehmen können.

Kammern als wichtige Säule in Deutschland

Das Kammerwesen sei in Deutschland eine wichtige Säule in vielen Bereichen, betonte er. „Ich kenne keine ernsthafte politische Kraft, die das in Frage stellt – außer in der Pflege.“ Die Kritik vieler Pflegenden an der Zwangsmitgliedschaft hält der Minister für unbegründet. Das ganze Kammersystem lebe davon, dass es eine verpflichtende Mitgliedschaft gibt, betonte er. „Nur dann kann ich staatliche Aufgaben auf eine Kammer übertragen.“

In NRW gehört die Gewerkschaft Verdi zu den entschiedenen Gegnern der Pflegekammer. Dabei stehen Kammern und Gewerkschaften nach Einschätzung Laumanns nicht in einem Gegensatz, sondern ergänzen sich gut. Die Gewerkschaften verhandelten über Löhne und Arbeitsbedingungen, die Kammer kümmere sich um die Weiterentwicklung der Pflege und die Bedingungen für eine gute Pflege.

Zwischen Kammer und Gewerkschaft besteht kein Widerspruch

„Es wäre gut, wenn der eine oder andere Funktionär bei Verdi seinen Frieden mit der Kammer macht, aber auch umgekehrt mancher Funktionär der Pflegekammer seinen Frieden mit Verdi.“ Es sei kein Widerspruch, sich in beiden Organisationen zu engagieren, sagte Laumann. „Es ist normal, im Marburger Bund aktiv zu sein und sich gleichzeitig in der Ärztekammer zu engagieren.“

Nach Meinung Laumanns hat der nicht gelöste Konflikt zwischen beiden Organisationen dazu beigetragen, dass die Pflegekammern in Schleswig-Holstein und Niedersachsen schon bald nach ihrer Gründung gescheitert sind. Zudem habe in diesen Ländern die Politik nicht so hinter der Kammer gestanden wie in Nordrhein-Westfalen. Dort hatte der Landtag im Juni 2020 mit den Stimmen von CDU, FDP und Grünen das Gesetz zur Errichtung einer Pflegekammer verabschiedet – gegen die Stimmen von SPD und AfD.

Der Politik habe mehr als 30 Jahre lang der Ansprechpartner in der Pflege gefehlt, sagte Sandra Postel, die Vorsitzende des Errichtungsausschusses der Pflegekammer NRW. „Jetzt haben wir dafür die strukturellen und demokratischen Grundlagen geschaffen.“

Wie wichtig es ist, die Pflegenden in die Debatten und Entscheidungen einzubeziehen, machen für sie die Probleme in der Kinderkrankenpflege deutlich. „Die prekäre Situation in der Kinderkrankenpflege hat sich auch entwickelt, weil die Pflege nicht mit am Tisch saß“, sagte Postel. Sie begrüßte, dass Vertreter der Kinderkrankenpflege jetzt in die Entscheidungen bei der Landeskrankenhausplanung einbezogen werden.

Geringe Wahlbeteiligung unterstreicht schlechte Organisation der Pflege

Schnell politisch aktiv zu werden sieht sie als eine der zentralen Aufgaben der neuen Kammer. „Damit können wir deutlich machen, dass wir für die Pflege etwas erreichen können.“ Gleichzeitig müssten die internen Debatten innerhalb der Berufsgruppe fortgeführt werden.

Postel bedauerte, dass die Beteiligung bei den Wahlen zur Kammerversammlung lediglich bei 22,1 Prozent lag. „Das ist das absolute Indiz, wie schlecht organisiert die Pflege ist.“

Die Pflegekammer NRW ist die nach ihren Angaben größte Heilberufskammer Deutschlands. Erste Aufgabe der 60 neu gewählten Mitglieder der Kammerversammlung ist die Verabschiedung der Hauptsatzung. Die Wahl des Vorstands und des Präsidiums soll Ende Januar 2023 erfolgen.

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