Intensivmediziner: Lage auf Stationen «sehr angespannt»

Berlin (dpa) - Die Lage auf den Intensivstationen in deutschen
Kliniken ist laut dem Präsidenten der Deutschen Interdisziplinären
Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (Divi), Gernot Marx, für
einen Sommer ungewöhnlich angespannt. «Wir müssen schon wieder
schauen, dass wir unsere Reihen geschlossen halten, das heißt, wir
müssen Personal verschieben, wir müssen Personal aus dem Frei holen,
also nach zwei Wochenenden auch das dritte Wochenende arbeiten»,
sagte Marx am Montag im ZDF-«Morgenmagazin». «Wir müssen auch schon

wieder leider einige Operationen, die nicht unbedingt notwendig sind,
verschieben, damit wir eben entsprechend alle unsere Notfälle gut und
sicher versorgen können.»

Marx hatte bereits am Wochenende darauf hingewiesen, dass auf mehr
als der Hälfte der Intensivstationen (55 Prozent) der Betrieb nicht
mehr wie sonst üblich läuft. Verschiedene Faktoren kommen gerade
zusammen, wie er auch am Montag deutlich machte. Derzeit würden nicht
nur etwa doppelt so viele Covid-Patienten wie zur gleichen Zeit im
vergangenen Jahr intensivmedizinisch behandelt, es stünden auch fast
2000 Intensivbetten weniger zur Verfügung, und viele Mitarbeiter in
den Kliniken seien krank.

«Ich würde es nicht als dramatisch bezeichnen, aber es ist sehr
angespannt, und das ist ungewöhnlich für diese Zeit im Sommer, wo es
normalerweise immer etwas ruhiger ist», sagte Marx. Gefühlt sei die
Lage auf den Intensivstationen schon wie sonst im Herbst oder Winter.
Der Divi-Präsident mahnte, es werde wirklich Zeit, die Berufe in der
Gesundheitsversorgung wieder attraktiv zu machen.

Christian Karagiannidis, Mitglied des Corona-Expertenrats der
Bundesregierung und einer der wissenschaftlichen Leiter des
Divi-Intensivregisters, kommt zur selben Einschätzung der Lage wie
Marx: Sie sei sehr angespannt, aber nicht dramatisch, sagte er der
«Süddeutschen Zeitung». Er sagte aber auch: «Ich habe noch nie so

viele Personalausfälle durch Covid gesehen wie in dieser Welle.»