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Hamburg

Einsätze verschleppt? Retter wehren sich gegen Vorwürfe

Feuerwehr: „Täglich Anrufe verunsicherter Bürger“

Wie schnell ist ein Rettungswagen nach einem Unfall am Einsatzort? Spätestens nach acht Minuten, so das Ziel der Hamburger Feuerwehr, die bei Alarmierung über die Notrufnummer 112 entsprechende Einsatzkräfte entsendet. Steht ein Fahrzeug eines privaten Anbieters im Bedarfsfall näher am Einsatzort, wird dieses angefordert – so lautet zumindest die vertraglich festgehaltene Theorie. Nach neuerlichen Vorwürfen von Arbeiter-Samariter-Bund (ASB) und Deutschem Roten Kreuz (DRK), das Abkommen bewusst zu missachten, sah sich die Feuerwehr am Dienstag gezwungen, in die Gegenoffensive zu gehen.

Konkret stört sich die Feuerwehr-Führung an einem Bericht des Norddeutschen Rundfunks, in dem über Fälle berichtet wird, bei denen die Feuerwehr trotz Alarmierung eines privaten Rettungswagens eigene Kräfte entsendet, den privaten Dienst zurückpfeift – und in der Folge Minuten später am Einsatzort eintrifft. Der Vorwurf: Die Feuerwehr verhindere durch ihre Entscheidungsgewalt die schnellstmögliche Rettung von in Not geratenen Bürgern. Alles Quatsch, sagen nun die Verantwortlichen, allen voran Feuerwehr-Chef Klaus Maurer. „Welches Fahrzeug zum Einsatz kommt, liegt an einem festgelegten Algorithmus, der die Ausrückfolge für einen bestimmten Einsatzort festlegt“, sagte Maurer. Es gebe niemanden, der die Mitarbeiter der Feuerwehr-Leitstelle anweise, private Anbieter nachrangig zu berücksichtigen.

Dass es überhaupt zu Doppelalarmierungen kommt, liegt Maurer zufolge auch an unterschiedlichen Notrufnummern, die es neben der 112 noch gebe. So können Hamburger Bürger etwa den Arbeiter-Samariter-Bund (ASB) unter der Rufnummer 19223 alarmieren. In der Praxis führt das zwangsläufig zu Abstimmungsprozessen zwischen den Anbietern für Rettungsdienste, wenn der ASB die Alarmierung an die Feuerwehr meldet – und so zum Verlust wertvoller Sekunden, die möglicherweise über Leben und Tod entscheiden. „Was macht es für einen Sinn, wenn der Bürger unterschiedliche Nummern anrufen kann? Wir fordern eine einheitliche Nummer für Notrufe – und das ist die 112“, so Maurer. Er warnt eindrücklich davor, auch schon jetzt eine andere Nummer zu wählen. „Wenn andere Organisationen für diese Nummern werben, können wir das nicht verbieten – aber wir wollen nicht für die schlechte Disposition verantwortlich gemacht werden“, sagte Maurer. Er plädiert in diesem Zusammenhang zudem für eine zentrale Leitstelle. Derzeit gibt es neben der Feuerwehr-Leitstelle drei weitere der Privatanbieter. Diese wollten sich jedoch gegenüber der WELT bis Redaktionsschluss nicht äußern.

Unterdessen hofft die Feuerwehr-Führung, dass eine geplante Novellierung des 25 Jahre alten Hamburger Rettungsdienstgesetzes schon bald konkrete Formen annimmt. Es soll die Organisation der öffentlichen und privaten Rettungsdienste neu strukturieren – wie genau, ist derzeit noch in der Abstimmung. Nach Angaben der SPD-geführten Innenbehörde liegt ein erster Entwurf bereits vor – wann dieser mit den Verbänden abgestimmt wird, ist aber noch unklar. Vor 2018 ist nicht mit einer finalen Fassung zu rechnen, heißt es. Feuerwehr-Chef Maurer betonte am Dienstag, dass man trotz der Konflikte weiter mit den Privatanbietern kooperieren wolle. „Wir haben kein Interesse daran, andere Anbieter rauszuhalten, auch wir stoßen an unsere Leistungsgrenzen. Aber einer muss bei der Organisation den Hut aufhaben – und das muss die Feuerwehr sein.“

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