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Klinikschließungen: Ärztepräsident wirft Lokalpolitik Versagen vor

In der Debatte um die Schließung von Krankenhausstandorten fordert Klaus Reinhardt, dass sich Bürgermeister und Landräte regional absprechen, um Ressourcen zu bündeln

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Falsch ist laut Bundesärztekammerpräsident Klaus Reinhardt auch die Aussage, dass kleine Krankenhäuser automatisch schlechter sind als größere. | © Hartmannbund

Falsch ist laut Bundesärztekammerpräsident Klaus Reinhardt auch die Aussage, dass kleine Krankenhäuser automatisch schlechter sind als größere. | © Hartmannbund

29.07.2019 | 29.07.2019, 22:15

Bielefeld/Berlin. Um die Versorgung der Patienten zu verbessern, sollte mehr als jedes zweite Krankenhaus in Deutschland schließen. Die Krankenhausstudie der Bertelsmann Stiftung hat bundesweit Empörung ausgelöst. Doch in die emotionale Debatte um die Zahl möglicher Schließungen machen auch Kritiker der Studie deutlich, dass es in den kommenden Jahren zu Klinikschließungen kommen muss. Bundesärztekammerpräsident Klaus Reinhardt macht dafür auch die Lokalpolitik im Land verantwortlich, die sich mitunter einen Preiskampf liefere.

„Da 50 Prozent der Krankenhäuser in kommunaler Trägerschaft sind, ist die Entwicklung der Krankenhauslandschaft auch das Ergebnis einer versagenden Lokalpolitik", erklärt Reinhardt auf Anfrage der Neuen Westfälischen. „Bürgermeister und Landräte stellen sich mit ihren Kliniken lieber einem ruinösen Preiskampf, als sich regional abzusprechen und Ressourcen zu bündeln, da sie befürchten, nicht wiedergewählt zu werden." Darunter leiden nach Angaben des Bielefelder Allgemeinmediziners die Fachkräfte in den Kliniken genauso wie die Patienten.

„Richtig ist, dass wir zu viele Klinikstandorte in Deutschland haben"

Das Ergebnis der Krankenhausstudie der Bertelsmann-Stiftung hält Reinhardt für völlig aus der Luft gegriffen. „Es gibt bislang keine Studie, die die Zahl der tatsächlich notwendigen Krankenhausstandorte valide beziffert. Denn diese Zahl ist immer auch eine Frage des Anspruchs."

Falsch ist laut Reinhardt auch die Aussage, dass kleine Krankenhäuser automatisch schlechter sind als größere. Zwar bestehe ein Zusammenhang zwischen Qualität und Fallzahlen, aber die Grundversorgung auf dem Land müsse erhalten bleiben. „Deshalb müssen kleine Krankenhäuser so ausgestattet werden, dass auch sie qualitativ hochwertig arbeiten können", sagt Reinhardt. „Richtig ist, dass wir zu viele Klinikstandorte in Deutschland haben, aber das gilt eher für Ballungszentren und für Kommunen, die dicht aneinandergrenzen, aber sicher nicht für den ländlichen Raum." Problematisch sei in dieser Diskussion auch die Trägervielfalt.

Auch der nordrhein-westfälische Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) hält Krankenhausschließungen für angebracht. Für Sommer 2020 wird der neue NRW-Krankenhausplan erwartet. Westfalen-Lippes Ärztekammerpräsident Theo Windhorst rechnet damit, dass es auch in der Region zu Schließungen kommen wird. „In vielen Regionen sind Zentralisierungen sinnvoll. Es muss sichergestellt werden, dass es in der Fläche ausreichend Krankenhäuser gibt, die die Grundversorgung sichern."

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Kliniken zwischen Medizin und Ökonomie

Bundesärztekammerpräsident Klaus Reinhardt ist wichtig, dass die Gesellschaft versteht, dass Krankenhäuser im Gegensatz zu Unternehmen nicht immer an der Auslastungsgrenze betrieben werden dürfen. „Kliniken müssen immer Kapazitäten für unvorhersehbare Lagen wie Grippewellen vorhalten. Die Feuerwehr wird schließlich auch nicht dafür kritisiert, dass sie trotz guter Ausstattung, keinen Brand löschen muss. Vielmehr sind alle froh, dass es nicht gebrannt hat."