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Bielefeld

Pflege-Botschafter für OWL

Startschuss: Für eine Ausbildungsoffensive gründen Experten das Netzwerk „Gute Pflege OWL“. Mit prominenter Unterstützung kämpft die Initiative für mehr Wertschätzung

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Die Gründer des Netzwerks "Gute Pflege OWL": Petra Krause (v. l.), Angelika Gemkow und Uwe Borchers. | © Sarah Jonek

Die Gründer des Netzwerks "Gute Pflege OWL": Petra Krause (v. l.), Angelika Gemkow und Uwe Borchers. | © Sarah Jonek

03.04.2019 | 03.04.2019, 18:37

Bielefeld. Allein in NRW fehlen laut einer Studie 10.000 Fachkräfte in der Gesundheitsbranche. Besonders eklatant ist der Mangel in der Pflege. Unter den Auswirkungen des Pflegenotstands leiden auch Menschen in OWL, vor allem alte, kranke und behinderte Menschen, die von ambulanten Pflegediensten abgewiesen werden oder keine Unterbringung in der stationären Pflege finden. Damit sich die Situation in der Region verbessert, haben Experten der Gesundheitsbranche das Netzwerk „Gute Pflege OWL" gegründet. Unterstützt werden sie dabei von prominenten Köpfen der Region – den Pflege-Botschaftern.

„In OWL wächst die Zahl der Menschen mit Pflege- und Unterstützungsbedarf, deshalb müssen wir alle Verantwortung dafür übernehmen, dass die Menschen wieder in eine sichere Pflege vertrauen können", erklärt die Bielefelderin Angelika Gemkow, ehemalige Landesbehindertenbeauftragte in NRW.

Um eine Ausbildungsoffensive zu starten, die mehr junge Menschen für Pflegeberufe begeistert, haben Gemkow sowie Uwe Borchers, Geschäftsführer des Zentrums für Innovation in der Gesundheitswirtschaft OWL, und Petra Krause, Leiterin der Gesundheitsschulen am evangelischen Klinikum Bethel, das Netzwerk „Gute Pflege OWL" gegründet. „Wir wollen alle Initiativen der Region unter einem Dach versammeln, um voneinander zu lernen, damit wir gemeinsam auf die Herausforderung Pflegenotstand reagieren können", erklärt Gemkow.

Gezielt Migranten und Berufsrückkehrer ansprechen

Gleichzeitig wollen sie mit der Unterstützung von Pflege-Botschaftern die Wertschätzung für Pflegeberufe steigern. „Aktuell werden Pflegeberufe vor allem mit negativen Attributen assoziiert. Die Freunde und die Sinnstiftung dieser Berufe spielt in der Öffentlichkeit hingegen keine Rolle. Das muss sich dringend ändern", fodert Krause. „Pflegekräfte wie ich hören oft von ihren Mitmenschen: ’Toll, dass Du den Job machst, aber ich könnte das nicht’. Dieses Dilemma müssen wir auflösen, damit sich wieder mehr junge Menschen für einen Beruf in der Pflege entscheiden." Insbesondere mehr Männer, denn aktuell arbeiten in der Pflege 80 Prozent Frauen, ergänzt Krause. „Zudem müssen wir Wege entwickeln, um gezielt Migranten und Berufsrückkehrer für die Pflege zu begeistern."

Wichtig ist nach Angaben von Borchers zudem, dass öffentlich bekannt wird, wie sehr sich die Pflegeberufe in den vergangenen Jahren verändert haben und auch künftig verändern werden. „Die Ausbildung ist im Wandel, weil die Pflege komplexer wird. Das ermöglicht wiederum mehr Karrierewege, weil sich der Beruf ausdifferenziert und immer mehr Spezialisierungen nötig werden."

Kooperationen mit Schulen und Arbeitsagenturen

Deshalb plant das Netzwerk „Gute Pflege OWL" Kooperationen mit Schulen und Arbeitsagenturen in der Region. „Für eine Ausbildungsoffensive ist es entscheidend, dass die Berufsberatung die vielfältigen Karrierewege in der Pflege kennt und auch weitergibt", sagt Krause. Zudem arbeitet das Netzwerk an der weiteren Gewinnung von Pflegebotschaftern. „Auch für andere Branchen ist es wichtig, dass die Gesundheitsbranche personell gut ausgestattet ist, damit Fachkräfte die ausfallen, wieder für den Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen", ergänzt Borchers. „Aus diesem Grund suchen wir in allen gesellschaftlichen Bereichen Pflege-Botschafter."

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Pflege-Botschafter

Bislang stehen neben Uwe Borchers (Geschäftsführer des Zentrums für Innovation in der Gesundheitswirtschaft OWL), Petra Krause (Leiterin der Gesundheitsschulen am evangelischen Klinikum Bethel) und Angelika Gemkow (ehemalige Landesbehindertenbeauftragte in NRW) elf weitere Pflege-Botschafter mit ihrem Namen für die Ziele des Netzwerks ein. Dazu zählen: Margarete Albrecht (Krankenpflegerin in Bielefeld), Ingo Habenicht (Vorstandsvorsitzender des evangelischen Johanneswerks), André Kuper (Landtagspräsident in NRW), Ulrich Pohl Vorstandsvorsitzender der von Bodelschwinghschen Stiftungen Bethel), Thomas Richter (Leiter der Agentur für Arbeit Bielefeld), Marianne Thomann-Stahl (Regierungspräsidentin der Bezirksregierung Detmold), Anke Unger (DGB_Regionsgeschäftsführerin in OWL), Celine Venjakob (Auszubildende in der Altempflege bei der AWO), Patrick Vilk (Vorstand des Caritasverbands Paderborn), Andreas Westerfellhaus (Bevollmächtigter der Bundesregierung für Pflege) und Theo Windhorst (Präsident der Ärztekammer Westfalen-Lippe).

Kontakt:

Angelika Gemkow, 
Tel.: (05206) 920622, 

Mail: 
gemkow@t-online.de

Petra Krause, Tel.: (0521) 77279841,
Mail: 
petra.kraus@bethel.de

Uwe Borchers, 
Tel.: (0521) 32986012,
Mail: 
borchers@zig-owl.de
Kommentar der Redaktion
Wertschätzung gegen den Pflegenotstand

Ein Blick in die Kindergärten, Schulen, Krankenhäuser und Pflegeeinrichtungen dieses Landes zeigen, dass es genau dort, wo sich der Wohlstand einer Gesellschaft zeigen müsste, an Personal fehlt. Der Mangel an Erziehern, Lehrern, Ärzten und Pflegekräften war absehbar und trifft uns nun alle. Zwar profitieren wir in Deutschland noch immer von einer außergewöhnlich guten Versorgung, doch immer häufiger treten eben auch Lücken in der Versorgung auf.

Diese Lücken zeigen sich vor allem in der Pflege. Wenn der Personalmangel dazu führt, dass ambulante Pflegedienste und stationäre Pflegeeinrichtungen täglich Anfragen von Pflegebedürftigen ablehnen müssen, dann ist die Not groß. Doch wie lässt sich der Pflegenotstand beheben? Das neue Netzwerk „Gute Pflege OWL" stellt sich genau diese Frage und kämpft mit prominenten Unterstützern für mehr Wertschätzung der Pflegeberufe, damit sich mehr junge Menschen für eine berufliche Zukunft in der Pflege entscheiden. Damit ist das Netzwerk auf dem richtigen Weg, denn wenn die Gesellschaft Pflegeberufe ausschließlich mit geringer Bezahlung und hoher Arbeitsbelastung assoziiert, werden die Zahlen in den Ausbildungsstätten nicht steigen.

Klar ist aber auch, dass Wertschätzung auch mit der Bezahlung zusammenhängt. Doch diesen Hebel kann das Netzwerk nicht alleine umlegen. Hier ist die Politik gefragt, die mit den Arbeitgebern Modelle entwickeln muss, die die Bezahlung von Pflegekräften deutlich verbessert. Anders lässt sich der Pflegenotstand nicht bekämpfen.

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