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Hamburg Coronavirus

Hamburg ändert Strategie der Corona-Bekämpfung

Redaktionsleiter Hamburg und NRW
In den Messehallen wird das neue Impfzentrum sehr wahrscheinlich entstehen In den Messehallen wird das neue Impfzentrum sehr wahrscheinlich entstehen
In den Messehallen wird das neue Impfzentrum sehr wahrscheinlich entstehen
Quelle: Bertold Fabricius
Künftig soll eine zentrale Stelle die Gesundheitsämter entlasten, für das medizinische Personal gibt es einen Extrabereich. Der Standort für ein Impfzentrum soll besonders abgesichert werden – und eine große Schule wurde jetzt komplett durchgetestet, die Ergebnisse liegen vor.

Die Hoffnung auf einen neuen Impfstoff in nicht allzu ferner Zukunft, gleichzeitig aber auch die sich zuspitzende Lage in den Kliniken und in den Gesundheitsämtern – in diesem Spannungsfeld bewegt sich derzeit auch die Hamburger Politik. Am Dienstag beschrieb Sozial- und Gesundheitssenatorin Melanie Leonhard (SPD) das so: „Wir erhalten sehr ermutigende Nachrichten, was den Impfstoff angeht. Und das motiviert, jetzt den Mut nicht sinken zu lassen und sich weiter zusammenzureißen. Die Lage ist weiter angespannt.“

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Derzeit wird noch ein passendes Impfzentrum gesucht – wie WELT schon vor zwei Wochen schrieb, bieten sich dafür insbesondere die Messehallen an. Die Impfdosen müssen maximal abgeschirmt gelagert werden können, um sie auch vor Dieben zu schützen. Auch eine ständige Kühlung von minus 70 Grad in speziellen Behältnissen ist notwendig. Leonhard machte zudem darauf aufmerksam, dass für den Wartebereich vor der Impfung und für eine Beobachtung nach der Impfung räumliche Kapazitäten vorhanden sein müssten. Möglich sei auch, dass Bewohner von Umlandgemeinden in Hamburg versorgt werden könnten, entsprechende Gespräche mit Schleswig-Holstein und Niedersachsen laufen, so die Senatorin. Selbst wenn schon Anfang des Jahres die ersten Impfungen durchgeführt werden könnten, würden „viele viele Monate ins Land ziehen, bis Hamburg ausreichend durchgeimpft ist“, so Leonhard.

Und bis dahin diktiert eben das Coronavirus selbst das Geschehen. Am Dienstag wurden aus Hamburg 422 Neuinfektionen an das Robert-Koch-Institut vermeldet, das liegt etwas unter den zuletzt gesehenen Spitzenwerten. Der Inzidenzwert sinkt leicht auf 164,1. Noch immer sind die meisten Neuinfektionen in der Altersgruppe der 20- bis 50-Jährigen zu sehen, aber so groß wie noch vor einigen Wochen sind die Abstände zwischen den Altersgruppen nicht mehr. 264 Patienten werden derzeit stationär in Hamburger Krankenhäusern behandelt, davon 64 auf Intensivstationen.

Auch an den Schulen gibt es weiterhin – wie in anderen Altersgruppen auch – ein diffuses Infektionsgeschehen. Genauer untersucht wurde die Schüler- und Lehrerschaft der Ida-Ehre-Stadtteilschule, nahe der Hoheluftbrücke gelegen. Nach einer Reihenuntersuchung lagen am Dienstagmorgen 1100 Ergebnisse vor, demnach waren insgesamt 50 Schülerinnen und Schüler sowie Lehrpersonal Träger des Coronavirus – oft, ohne das bemerkt zu haben. Leonhard, die diese Zahlen vortrug, sprach von einem „multiplen Eintragungsgeschehen“, was bedeuten sollte, dass die Infektionen keineswegs in der Mehrzahl in der Schule selbst weitergegeben worden seien. Die betroffenen Schüler seien in sehr vielen unterschiedlichen Klassen und Altersgruppen gefunden worden. Auch deswegen sei es richtig, am Präsenzunterricht festzuhalten: „Wir müssen das Infektionsgeschehen und den Bildungsanspruch gegeneinander abwägen“, so die Senatorin.

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Diese Abwägung gilt in anderer Hinsicht auch für die Arbeit der Gesundheitsämter, die mit der Aufgabe, Infektionsketten nachzuverfolgen, mittlerweile überfordert sind. Deswegen baut der Senat seit einer Woche eine zentrale Einheit mit Sitz in Wandsbek auf, die nach und nach für die ganze Stadt die Nachverfolgungen übernehmen soll. Bis zu 250 Mitarbeiter, abgestellt von anderen Behörden, sollen diese Aufgabe übernehmen. Das Team wird gerade geschult. Die Gesundheitsämter selbst sollen sich, wenn alles läuft, vor allem um die nachweislich erkrankten Personen kümmern. Zuvor hatte NDR 90,3 berichtet, dass in einem internen Schreiben mehrere Gesundheitsämter darauf hingewiesen hatten, bei der Aufarbeitung von Infektionsketten mittlerweile fünf Tage im Verzug zu sein. Ein Problem sei dabei auch die große Anzahl der jeweiligen Kontakte, von 30 Personen im Schnitt ist die Rede. Auch deswegen hatte Leonhard schon in der vergangenen Woche darum gebeten, dass die Hamburger ein Kontakttagebuch führen sollen, um die Gesundheitsämter wenigstens etwas zu entlasten.

Leonhard: „Zunächst freiwillig isolieren“

Auch Arbeitgeber aus dem medizinischen Bereich können sich dann gezielt an die neue Einheit wenden, um Personal möglichst schnell wieder aus Quarantäne-Situationen herausholen zu lassen, weil eine entsprechende Testung oder eine Nachverfolgung geschieht. Das ist offenbar in diesem Arbeitsbereich von hoher Dringlichkeit, weil sonst die Pflege in den Kliniken und den Heimen nicht mehr gewährleistet werden kann. Leonhard ruft andere Hamburgerinnen und Hamburger dazu auf, sich zunächst freiwillig zu isolieren, wenn Kontakt zu einer an Covid-19 erkrankten Person bestanden hat. Ein Anruf aus dem Gesundheitsamt oder von der neuen Zentralstelle könne durchaus einige Tage dauern.

Zudem sollen Testungen und Kontaktverfolgung nach einer Empfehlung des RKI zunächst dort angewandt werden, wo ein klares Ausbruchsgeschehen zu identifizieren ist – wie etwa an der Schule. Einzelfälle hingegen werden in dieser Priorisierung nach hinten rücken, so Leonhard. Der Grund dafür sei die starke Belastung der Testlabore, man wolle aber so viele Reihentestungen machen wie möglich. Für medizinisches Personal und Pflegepersonal soll es wiederum eine eigene Kategorie geben (Kategorie 3), damit die hier arbeitenden Frauen und Männer besonders zügig getestet werden können.

CDU fordert „Langfriststrategie“

Am Dienstag meldete sich auch die Hamburger CDU zu Wort. In einer Pressemitteilung forderten der Landesvorsitzende Christoph Ploß und Fraktionschef Dennis Thering eine „Langfriststrategie“ vom Senat. „Auf Dauer lassen sich Hilfsprogramme nicht finanzieren, so wichtig sie jetzt sind. Daher müssen wir jetzt, Monate nach Ausbruch der Pandemie, in denen wir ziemlich viel über die Verbreitung des Virus gelernt haben, mit einer echten Langfriststrategie die weiteren Folgen spürbar abmildern. Der rot-grüne Senat zeigt leider gerade, dass er dem nicht gewachsen ist“, so Thering.

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