Die Ministerinnen und Minister, Senatorinnen und Senatoren für Gesundheit der Länder fassen folgenden Beschluss:
Kompetente Fachkräfte im Gesundheitswesen sind der wichtigste Faktor für eine erfolgreiche und stabile gesundheitliche Versorgung. Es ist heute keine Selbstverständlichkeit mehr, sie zu gewinnen und im Beruf zu halten. Es bedarf intensiver Bemühungen – insbesondere auch der Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber im Gesundheitswesen – um jetzt und in Zukunft Menschen dafür zu motivieren, Berufe im Gesundheitswesen zu erlernen und diese dauerhaft auszuüben.
Die GMK begrüßt, dass der Sachverständigenrat für Gesundheit und Pflege bereits gebeten wurde, binnen eines Jahres konkrete Empfehlungen zur Fachkräftesicherung im deutschen Gesundheitswesen vorzulegen. Aus Sicht der GMK ist es angezeigt, keine Zeit zu verlieren und parallel zu diesem Auftrag jetzt schon erkannte Handlungsmöglichkeiten zu ergreifen. Die gesundheitliche und pflegerische Versorgung der Bevölkerung ist unmittelbar abhängig von der Ressource „Personal“. Der Personalmangel im Gesundheitsbereich zieht sich zunehmend durch alle Bereiche. In Anbetracht dessen sind aus Sicht der GMK unverzüglich Maßnahmen erforderlich, um Pflegekräfte, Ärztinnen und Ärzte sowie andere Fachkräfte für alle Sektoren im Gesundheitswesen in diesem Beschäftigungssektor dauerhaft zu halten und neue Kräfte zu gewinnen bzw. ausgeschiedene Kräfte zurückzugewinnen:
1. Die Gesundheitsministerinnen und -minister, -senatorinnen und -senatoren der Länder halten es für erforderlich, bundesweit und zeitnah
a. wie in den Eckpunkten für ein Gesamtkonzept Gesundheitsfachberufe festgehalten, die Schulgeldfreiheit und Ausbildungsvergütung in allen berufsfachschulisch ausgebildeten Gesundheitsfachberufen zu erreichen,
b. Rahmenbedingungen im Gesundheitswesen zu schaffen, die eine langjährige, zufriedenstellende Ausübung des Berufs ermöglichen und auch für Fachkräfte aus dem Ausland attraktiv sind,
c. effektive Anreize für Berufsaussteiger/-innen zum Wiedereinstieg in den Beruf und für Teilzeitbeschäftigte zur Erhöhung der Wochenarbeitszeit zu setzen,
d. die bundesrechtlich geregelte Anerkennung ausländischer Berufsqualifikationen im Gesundheitswesen rechtlich zu vereinfachen, damit zu beschleunigen und die Attraktivität Deutschlands als Fachkräfte-Einwanderungsland zu steigern,
e. dabei die von den Ländern getragene Gutachtenstelle für Gesundheitsberufe einzubeziehen,
f. die Entbürokratisierung in der Pflege voranzutreiben, um die Arbeitssituation von Pflegekräften grundsätzlich zu verbessern und damit einhergehend die Arbeitszufriedenheit von Pflegekräften deutlich zu erhöhen und dieses Ziel auch bei den anderen Gesundheitsberufen zu verfolgen,
g. die Umsetzung des Personalbemessungsinstruments (PeBeM) nach § 113c SGB XI und die damit verbundene Weiterqualifizierung von Pflegekräften ohne Ausbildung, muss in den Pflegeeinrichtungen durch eine kostendeckende Refinanzierung der Ausbildungsausgaben gefördert werden. Damit sind, sowohl die Kosten der praktischen Ausbildung, analog zum Pflegeberufegesetz, als auch der Arbeitsentgeltzuschuss zu 100 Prozent sicherzustellen,
h. Maßnahmen zu etablieren, um eine verstärkt kompetenzorientierte Arbeitsorganisation im Arbeitsfeld Gesundheit und Pflege zu erreichen und
i. Maßnahmen zu prüfen, mit denen es gelingen kann, den Anteil der Leiharbeit zu senken.
j. die bedeutende Rolle und Verantwortung der Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber in Bezug auf die Gewinnung und das Halten von Fachkräften deutlich zu machen und zu unterstreichen.
k. Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber zu motivieren, Rahmenbedingungen zu schaffen, die die Attraktivität der Berufe im Gesundheitswesen steigert, z. B. durch flexible Arbeitszeitmodelle, Förderung der körperlichen und psychischen Gesundheit im Unternehmen, Förderung von Fort- und Weiterbildung, Förderung von Diversität im Unternehmen.
2. Die Gesundheitsministerinnen und -minister, -senatorinnen und -senatoren der Länder fordern den Bund auf, die Länder bei diesen Zielen im Rahmen seiner Gesetzgebungskompetenz zu unterstützen. Handlungsmöglichkeiten hierzu bestehen unter anderem darin,
a. durch Gesetzgebungsmaßnahmen moderne und attraktive Berufsbilder, ggf. mit erweiterten Kompetenzen zu schaffen, die auch einen Direktzugang ermöglichen und die Ausbildung in den Gesundheitsberufen, die bisher noch keine entsprechenden Regelungen haben, z. B. durch die Flexibilisierung bei der praktischen Ausbildung attraktiver zu gestalten,
b. im Berufsanerkennungsverfahren im Hinblick auf vorzulegende Unterlagen einheitliche und praktikable Standards zu schaffen,
c. die AZAV-Zertifizierungspflicht für die staatlichen und staatlich anerkannten Gesundheitsberufsschulen aufzuheben, damit u. a. die Finanzierung der Anpassungsqualifizierungen durch die Bundesagentur flächendeckend möglich wird und ausreichende Kapazitäten bereitgestellt werden können,
d. die Visum-Verfahren zu verkürzen und eine entsprechende digitale Kommunikation einzurichten sowie Optimierungspotentiale im Vollzug der Visumserteilungen auszuschöpfen,
e. die Länder bei dem notwendigen Aufwuchs der Ausländerbehörden finanziell zu unterstützen, damit auch die entsprechenden Aufenthaltstitel und die neuen Instrumentarien des Fachkräfteeinwanderungsgesetzes überhaupt greifen können,
f. die Sprachfördermaßnahmen im In- und Ausland für zuwandernde Fachkräfte im Gesundheitswesen zu verstärken; es müssen ausreichende BAMF-Sprachkurse mit fachsprachspezifischer Orientierung für den Bereich Gesundheit flächendeckend und kurzfristig zur Verfügung gestellt werden,
g. im Krankenhausbereich nicht evidenzbasierte Vorgaben im Rahmen der rechtlichen Möglichkeiten anzupassen (z.B. Personalschlüssel Pflege QFR-RL), die zu einem vermehrten Einspringen aus dem Frei und damit einer reduzierten Planbarkeit für die Arbeitskräfte führen; im Rahmen der Beratungen der Krankenhausreform und der dabei geplanten Umstellung auch des Vergütungssystems muss darauf geachtet werden, Personalressourcen, beispielsweise hinsichtlich der erforderlichen Dokumentation, zu schonen,
h. Dokumentationspflichten in der Pflege, die sich aus Regelungen des Bundesgesetzgebers ergeben und/oder durch Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses ausgelöst werden, auf den Prüfstand zu stellen und
i. darauf hinzuwirken, dass Pflegeeinrichtungen zusätzliche praxisorientierte Unterstützungs- und Informationsangebote zur Einführung des Strukturmodells zur Entbürokratisierung der Pflegedokumentation erhalten.
j. die Pflegepersonaluntergrenzenregelungen zu überprüfen mit dem Ziel einen bedarfsgerechten Skill-Mix zu ermöglichen und dazu insbesondere den zulässigen Anteil an Pflegeassistenzkräften an der Gesamtzahl der Pflegekräfte zu erhöhen.
3. Die Gesundheitsministerinnen und -minister, -senatorinnen und -senatoren bitten hier insbesondere auch die Finanz-, Kultus-, Innen-, Arbeits-, Sozial-, Wissenschafts- und Justizressorts um Unterstützung dieser Forderungen im Rahmen ihrer jeweiligen Zuständigkeiten.