Jahresbericht 2022

IQWiG will das Informationsangebot ausbauen

Mit seinen Gesundheitsinformationen will das IQWiG gezielt Menschen mit geringer Gesundheitskompetenz und hohem Beratungsbedarf erreichen und setzt dabei auch auf die Ärztinnen und Ärzte.

Ilse SchlingensiepenVon Ilse Schlingensiepen Veröffentlicht:
Mit speziellen Formaten plant das IQWIG, etwa Ärzte bei der Beratung von Patienten zu unterstützen.

Mit speziellen Formaten plant das IQWIG, etwa Ärzte bei der Beratung von Patienten zu unterstützen.

© IQWiG

Köln. Das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) will sein Angebot an allgemeinverständlichen Informationen über Krankheiten und Therapiemöglichkeiten weiter ausbauen und setzt dabei auf Ärztinnen und Ärzte sowie weitere Gesundheitsberufe. Idealerweise möchte das Kölner Institut die Inhalte der Webseite gesundheitsinformation.de direkt mit den jeweiligen digitalen Kanälen verbinden.

Auf www.gesundheitsinformation.de will das IQWiG Menschen, die im Internet nach gesundheitsbezogenen Informationen suchen, ein qualitätsgesichertes und evidenzbasiertes und dabei gleichzeitig auch für Laien verständliches Angebot machen. Das wird offenbar rege in Anspruch genommen. „In den letzten fünf Jahren sind die monatlichen Besuchszahlen der Webseite von durchschnittlich 600.000 auf über vier Millionen angestiegen“, heißt es im gerade veröffentlichten Jahresbericht 2022 des IQWiG.

Unterstützung der Beratung in Arztpraxen

Danach ist es von Anfang an das Ziel gewesen, dass die Inhalte auch im Gesundheitswesen überall dort genutzt werden, wo über Gesundheitsfragen gesprochen wird: in Arztpraxen, Kliniken oder bei der Beratung der Krankenkassen. Dafür hat das Institut nach eigenen Angaben die technischen Vorbereitungen getroffen und Kooperationen auf den Weg gebracht. Ein Beispiel: „Das Institut hat niederschwellige Formate und Printmaterialien entwickelt, die unter anderem die ärztliche Beratung in niedergelassenen Praxen unterstützen.“

Mit dem Fokus auf die Gesundheitsberufe will das IQWiG verstärkt Gruppen erreichen, die bislang nicht im Internet nach Gesundheitsinformationen suchen, sondern die persönliche Beratung nutzen. Geplant sind spezielle Formate, die auf Gruppen mit niedriger Gesundheitskompetenz und auf die Unterstützung mit persönlicher Beratung zugeschnitten sind. Diese Formate sollen passgenau für Gesundheitsberufe und andere Informationsvermittlerinnen und Vermittler entwickelt und ihnen zur Verfügung gestellt werden, kündigt der Bericht an. „Dafür will das Institut die von diesen Berufen genutzten digitalen Kanäle nutzen.“

Einbindung von Patienten, Angehörigen und Bürgern

Bei der Erstellung von Gesundheitsinformationen bindet das Institut Patientinnen und Patienten sowie Angehörige ein. Das gilt auch für die Nutzenbewertung, bei der das Institut Selbsthilfegruppen befragt oder persönliche Gespräche mit Betroffenen führt. „Gespräche im Zusammenhang mit Nutzenbewertungen fanden im Jahr 2022 zum Beispiel zu Themen wie koronare Herzerkrankung, Mammografie-Screening, Raucherentwöhnung und Neugeborenen-Screening statt.“

Mit dem ThemenCheck Medizin bietet das Institut Bürgerinnen und Bürgern die Möglichkeit, Vorschläge für Fragen zu machen, denen das IQWiG-Team nachgehen sollte. Im vergangenen Jahr gingen 41 Vorschläge bei dem Institut ein. Aus ihnen hat der aus Bürgern und Patientenvertretern bestehende Auswahlbeirat 15 in die engere Wahl genommen. Nach einer Diskussion mit dem Fachbeirat legt das IQWiG dann bis zu fünf Themen fest, zu denen es Berichte erstellen wird.

Ein Arbeitsschwerpunkt des IQWiG ist die Nutzenbewertung. Im Jahr 2022 ist es bei 70 von 105 Dossierbewertungen zu dem Schluss gekommen, dass ein Zusatznutzen nicht belegt ist. Bei neun Arzneimitteln stellten die Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen einen erheblichen Zusatznutzen fest, bei 13 einen beträchtlichen und bei sechs einen geringen. Bei zwei Arzneimitteln stuften sie den Zusatznutzen als gering ein, bei fünf als nicht quantifizierbar.

Hersteller-Studien reichen oft nicht

Dr. Thomas Kaiser, der am 1. April 2023 Professor Jürgen Windeler als Leiter des IQWiG abgelöst hat, kritisiert im Jahresbericht eine Beeinträchtigung der frühen Nutzenbewertung. Patientenberichtete Endpunkte wie Daten zu Lebensqualität, Symptomen und Nebenwirkungen würden häufig zu kurz erhoben. Die von den Herstellern vorgelegten Studien seien oft noch allein auf die Zulassung zugeschnitten, erläutert Kaiser, der seit der Gründung des Instituts das Ressort Arzneimittelbewertung geleitet hatte.

In den Studien würden Daten zu patientenberichteten Endpunkten beispielsweise nur bis zur Progression der Erkrankung erhoben. „Aber natürlich sind für die Betroffenen Symptome und Lebensqualität auch nach einer Verschlechterung der Erkrankung relevant.“ Stark verkürzt erhobene Daten zu patientenberichteten Endpunkten liefern laut Kaiser keine Antworten auf die Frage, ob es den Betroffenen mit einem Arzneimittel auf Dauer besser oder schlechter geht als mit einer anderen Behandlung.

Dafür müsse der Zustand möglichst lange erfasst werden, also bis zum Studienende. „Künstlich verkürzt erhobene Daten sollten daher die Bewertungsergebnisse nicht maßgeblich beeinflussen – nicht trotz, sondern gerade wegen der Wichtigkeit patientenberichteter Endpunkte“, so Kaiser.

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