Sichere Diagnosestellung bei seltenen Erkrankungen: Ersatzkassen schließen Vertrag mit dem Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf

In Deutschland gibt es über 8.000 seltene und zumeist genetisch bedingte Erkrankungen, von denen mehrere Millionen Menschen betroffen sind. Eine Diagnosestellung ist oft schwierig. Das liegt zum einen daran, dass einige dieser Erkrankungen so selten sind, dass sie nur wenige Male weltweit auftreten, zum anderen kann die Ausprägung von genetisch bedingten Erkrankungen sehr verschiedenartig sein.

Für Versicherte der Ersatzkassen (TK, BARMER, DAK-Gesundheit, KKH, hkk, HEK), bei deren Erkrankung keine klare Diagnose möglich ist, beziehungsweise bei denen ein Verdacht auf eine solche seltene Erkrankung vorliegt, hat der Verband der Ersatzkassen e.V. (vdek) mit dem Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE) jetzt einen besonderen Versorgungsvertrag über die Durchführung einer speziellen Diagnostik geschlossen.

Ziel: Verkürzung des bisher langen Leidenswegs der Patientinnen und Patienten

Das Versorgungskonzept verfolgt dabei das Ziel, den bisher langen Leidensweg der Patientinnen und Patienten zu verkürzen – durch einen gestuften Prozess und zielgerichtete Maßnahmen zur Diagnose. Der Vertrag enthält zwei wesentliche Bestandteile: In Fallkonferenzen, die am Martin Zeitz Centrum für seltene Erkrankungen im UKE stattfinden, tauschen sich besonders erfahrene Expertinnen und Experten aus dem Bereich Humangenetik mit Kolleginnen und Kollegen aus den jeweils relevanten klinischen Bereichen aus, um so eine fachübergreifende Beurteilung beziehungsweise Diagnosestellung zu erreichen. Bei den Klinikbereichen handelt es sich zum Beispiel um die Kinderheilkunde, die Neurologie, die Innere Medizin und die Psychosomatik.

Führt dies noch nicht zum Ziel, kann eine umfassende genetische Diagnostik, die sogenannte Exom-Diagnostik, durchgeführt werden. In dieser wird durch eine gleichzeitige Sequenzierung aller knapp 20.000 Gene des Menschen nach der Ursache für die Erkrankung gesucht. In 25 bis 50 Prozent der Fälle können die Expertinnen und Experten auf diese Weise eine eindeutige Diagnose stellen und gegebenenfalls zielgerichtete therapeutische Maßnahmen einleiten.

Kathrin Herbst, Leiterin der vdek-Landesvertretung Hamburg: „Eine sichere Diagnosestellung bei seltenen Erkrankungen ist die Grundlage für die richtige Therapieentscheidung. Fehlt eine Diagnose, kommt es häufig zu überflüssigen Maßnahmen und erfolglosen Therapieversuchen. Das ist eine große Belastung für die betroffenen Versicherten und ihre Eltern beziehungsweise Familien. Mit dem Vertrag wollen die Ersatzkassen die Versorgung und die Lebensqualität der betroffenen Patientinnen und Patienten verbessern.“

Prof. Dr. Christian Kubisch, Direktor des Instituts für Humangenetik und Co-Leiter des Martin Zeitz Centrums für Seltene Erkrankungen des UKE: „Dieses integrative Konzept von interdisziplinären Fallkonferenzen zusammen mit der modernsten Art der genetischen Diagnostik ist ein Meilenstein. Es ist großartig, dass wir hierdurch gemeinsam mit den Ersatzkassen dazu beitragen können, endlich Diagnosen für tausende von unterschiedlichen seltenen, genetisch bedingten Erkrankungen zu stellen, die bis jetzt kaum - und wenn dann meistens nur mit großer zeitlicher Verzögerung - oder gar nicht diagnostizierbar waren.“

Was sind seltene Erkrankungen?

Als „selten“ gilt nach der in Europa gültigen Definition eine Erkrankung dann, wenn nicht mehr als fünf von 10.000 Menschen darunter leiden. Aufgrund der großen Zahl unterschiedlicher seltener Erkrankungen – man geht schätzungsweise von über 8.000 aus – treten sie jedoch in Summe häufig auf. In Deutschland leiden etwa vier Millionen Menschen an einer seltenen Erkrankung. Damit liegt die Zahl der Betroffenen hierzulande insgesamt so hoch wie bei mancher Volkskrankheit. Gemeinsam ist allen seltenen Erkrankungen, dass sie meist chronisch verlaufen und mit gesundheitlichen Einschränkungen sowie einer verkürzten Lebenserwartung einhergehen. Etwa 80 Prozent sind genetisch bedingt oder mitbedingt und auch wenn sie zum Teil nur selten heilbar sind, gibt es doch eine Vielzahl von vielversprechenden Therapieansätzen, die jedoch alle wiederum auf eine konkrete Diagnosestellung angewiesen sind.

Kontakt

Stefanie Kreiss
Verband der Ersatzkassen e. V. (vdek)
Landesvertretung Hamburg

Tel.: 0 40 / 41 32 98 - 20
E-Mail: stefanie.kreiss@vdek.com