Laura Hassinger

Gewalt in der Pflege: „Wir müssen hinschauen!“

Gewalt in der Pflege ist komplex – und kann Pflegebedürftige ebenso wie Pflegende treffen.

Prof. Dr. Sascha Köpke ist Leiter des Instituts für Pflegewissenschaft an der Universität zu Köln.

Beim Thema „Gewalt in der Pflege“ haben wir schnell ein Bild im Kopf von hilfebedürftigen älteren Menschen, die Misshandlungen ausgesetzt sind. Konflikte und Gewalt sind jedoch vielfältig – auch in der Pflege. Sie können Pflegebedürftige ebenso wie Angehörige oder Beschäftigte im Pflegesektor treffen. Nicht immer wird Gewalt dabei bewusst angewendet. Doch schon eine unangemessene Anrede, ungefragtes Duzen oder Kleinkindansprache können andere verletzen. Jemanden zu beschimpfen oder zu beleidigen, grob anzufassen, mit einer sexuellen Handlung oder Äußerung zu konfrontieren, abzuwimmeln oder von der Teilhabe an sozialen Aktivitäten auszuschließen – all das sind Formen von Gewalt in der Pflege.

„Gewalt in der Pflege ist noch immer ein Tabuthema. Das muss sich ändern, denn nur so kann Gewalt erfolgreich vermieden werden“, sagt Prof. Dr. Sascha Köpke, Leiter des Instituts für Pflegewissenschaft an der Universität zu Köln. „Jede und jeder Einzelne ist gefragt, auf sich selbst und auf andere zu achten, gerade in Pflegesituationen mit ihren besonderen emotionalen und körperlichen Herausforderungen für Pflegebedürftige wie Pflegende.“

Gewalt in der Pflege ist komplex. Sie findet nicht nur in verschiedenen Formen statt, sondern kann Pflegebedürftige ebenso wie Pflegende betreffen.

Erkennen, wo Gewalt anfängt und wie man ihr angemessen begegnet

Einen Lösungsansatz sieht der Pflegeforscher und examinierte Krankenpfleger in gezielten Präventionsangeboten, die Mitarbeitende von Pflegeeinrichtungen für das Thema sensibilisieren und ihnen helfen, Gewalt in der Pflege sicherer zu erkennen und möglichst zu vermeiden, aber auch angemessen mit Gewaltsituationen umzugehen und Gewalterfahrungen aufzuarbeiten.

Hier setzt das Modellprojekt PEKo an. PEKo steht für Partizipative Entwicklung von Konzepten zur Prävention von Gewalt. In einem ersten Projektdurchlauf wurden 43 Einrichtungen der stationären Altenpflege von Pflegewissenschaftlerinnen und Pflegewissenschaftlern über ein Jahr aktiv bei der Umsetzung begleitet. Mittlerweile wurde das Projekt auch auf die Bereiche Krankenhaus und ambulante Pflege erweitert.

Das Präventionsprojekt PEKo konnte das Verständnis und den Umgang mit Gewalt in der Pflege verbessern.

Weniger Gewaltereignisse, geringere Belastung

„Befragungen in den teilnehmenden Einrichtungen haben uns gezeigt, dass viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unsicher sind, unterschiedliche Gewaltformen klar zu erkennen und damit umzugehen,“ sagt Köpke. „Unser Projekt hat hier maßgeblich das Verständnis von Gewalt und den Umgang damit verändert. Wir erwarten dadurch langfristig Gewaltereignisse in der stationären Altenpflege zu vermeiden und Pflegende zu entlasten.“

In der Projektfortführung 2022 begleiten die beteiligten Studienzentren Köln, Lübeck, Fulda und Halle erneut stationäre Altenpflege-Einrichtungen dabei, individuelle Strategien zur Gewaltprävention zu entwickeln und umzusetzen. Interessierte Einrichtungen aus ganz Deutschland können sich an das Institut für Pflegewissenschaft der Universität zu Köln (Ansprechpartner Marco Sander) wenden.

„Ganz wichtig ist neben der einrichtungsinternen Gewaltprävention auch der Austausch mit anderen Einrichtungen und die Erkenntnis, mit Gewalterfahrungen nicht allein dazustehen“, so Köpke.

Unser Projekt hat maßgeblich das Verständnis von Gewalt und den Umgang damit verändert.

Weitere Informationen

Weitere Informationen zum Projekt erhalten Sie unter peko-gegen-gewalt.de/. Dort steht auch der Abschlussbericht zum Modellprojekt PEKo 1.0 mit den oben beschriebenen Befragungsergebnissen zur Verfügung.



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Portraitbild Nicole Nicole Knabe
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