Die Zukunft der Notfallversorgung

 

 

Das Thema Notfallversorgung wird derzeit intensiv diskutiert. Viele Akteure beschäftigen sich mit der aktuellen Situation und neuen Konzepten zur Notfallversorgung. (Wir berichteten im Newsletter Nr.15 | 04.09.2017.)

Aber auch die eine oder andere Studie kommt zu nicht ganz überraschenden Ergeb­nissen. So auch die aktuelle Hamburger Studie "PiNo Nord-Studie" ("Patienten in der Notaufnahme von norddeutschen Kliniken"), die das Institut für Allgemeinmedizin des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf (UKE) am 5. September 2017 vorstellte. Danach stuften gut 50 Prozent der befragten Patienten, die eine Notaufnahme im Krankenhaus aufsuchten, ihre Behandlung als nicht dringlich ein. Fast 70 Prozent kennen die kassenärztlichen Notfallpraxen und den fahrenden Bereitschaftsdienst nicht. 26 Prozent der Befragten gaben an, dass sie die Notaufnahme aufgesucht hätten, weil kein Hausarzt verfügbar war, 21 Prozent sagten, es sei kein Facharzt erreichbar gewesen.

Studienleiter Prof. Dr. Martin Scherer, Direktor des Instituts für Allgemeinmedizin am UKE betonte, dass man von den Ergebnissen nicht auf strukturelle Defizite in der ambulanten Versorgung schließen könne. Die Einschätzung der Erreichbarkeit von Haus- und Fachärzten sei rein subjektiv und könne mit der persönlichen Anspruchshaltung einer Rund-um-die-Uhr-Versorgung zusammenhängen. "Wir müssen deutlich kommunizieren, wofür das System gemacht ist", erklärte Scherer.

Walter Plassmann, Vorstandsvorsitzender der Kassenärztliche Vereinigung Hamburg (KVH), kommentierte die Ergebnisse der Studie deutlich: "Es gibt kein Notfallproblem, sondern ein Problem der veränderten Erwartungshaltung". Die Patienten erwarteten, dass Vertragsärzte kurzfristig verfügbar seien. Dazu kämen Komfortgesichtspunkte wie die interdisziplinäre Behandlung im Krankenhaus und deren "Maschinenpark".

Die geplanten, nicht einheitlich definierten Portalpraxen der Vertragsärzte an den Krankenhäusern lösen das Problem nach Ansicht von Plassmann allerdings nicht. Die Vertreterversammlung der KVH habe deshalb beschlossen, das Problem vom Patienten her zu denken und eine bessere Alternative zur Notaufnahme in den Krankenhäusern zu schaffen: den "Arztruf Hamburg", der Anfang 2018 starten soll. Das Konzept hierfür will die KV in dieser Woche öffentlich vorstellen.

Da das Thema derzeit stark im Fokus steht, gab der Sachverständigenrat zur Begutachtung der Entwicklung im Gesundheitswesen (SVR) am 7. September 2017 erstmals in seiner mehr als dreißigjährigen Geschichte Einblick in seine laufende Gutachterarbeit. Er stellte den Status quo der Notfallversorgung in Deutschland vor und skizzierte Empfehlungen für die Zukunft.

Im Zentrum der Vorschläge steht die Schaffung voll integrierter, regionaler Leitstellen, die über eine bundeseinheitliche Rufnummer erreichbar sein und je nach Patientenanliegen die individuell beste Versorgungsoption wählen sollen. Das Nebeneinander verschiedener Rufnummern (u. a. 112 und 116117) soll damit künftig entfallen. Der Vorschlag zur Gründung von integrierten Notfallzentren (INZ) erregte allerdings die Gemüter, als deutlich wurde, dass der SVR die INZ trotz gemeinsamer Trägerschaft und Ansiedlung im Krankenhaus von den KVen betrieben haben will.

Die endgültigen Empfehlungen sollen im 2. Quartal 2018 im Rahmen eines Gutachtens mit dem Arbeitstitel "Bedarfsgerechte Steuerung des Angebots und der Inanspruchnahme von Gesundheitsleistungen" dem Bundesministerium für Gesundheit übergeben werden.

Auch das Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung (Zi) befasst sich mit dem Thema und beauftragte das aQua-Institut mit der Erstellung eines Konzepts, wie Patienten gezielt in die für sie geeignete Versorgung gesteuert werden können.

(Quelle: aQua-Institut; Zi; SVR; KVH; zm-online; Ärzteblatt; TK)

Weiterlesen