eRezept

Die KVSH zieht sich bis auf Weiteres aus der Rollout-Phase des eRezepts zurück.

22.08.2022

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,

die KVSH muss Ihnen mitteilen, dass der digitale Weg, den datenlosen QR-Code des eRezeptes per Mail- oder SMS-Verfahren an Patienten/Patientinnen oder ggf. Apotheken zu senden, seitens der Datenschutzbehörde SH untersagt worden ist. Dies gilt auch für den Fall, dass ein Patient/eine Patientin dem Übermittlungsverfahren persönlich zugestimmt hat und Sie das Einverständnis in Ihrer EDV dokumentiert haben. Die Mitteilung der Behörde vom 19.08.2022 finden Sie hier auf der Webseite der KVSH.

Zur Erläuterung: Das im PVS erstellte eRezept wird über die TI digital an den Fachdienst der gematik geleitet. Parallel erhält ein Patient/eine Patientin einen QR-Code, der selbst keine Daten enthält, sondern allein eine Schlüsselfunktion darstellt. Ein Scan des Codes ermächtigt die Apotheken, das vollständige eRezept beim Fachdienst der gematik abzurufen und die Medikamente abzugeben.

Die Datenschutzbehörde teilt mit, dass die Versendung datenloser QR-Codes an versicherte Personen oder Apotheken bereits die Übermittlung von Gesundheitsdaten bedeute. Dabei sei zu berücksichtigen, dass auf dem Markt frei erhältliche Apps aus dem Apothekenumfeld jeder Person, die befugt oder unbefugt im Besitz des QR-Codes ist, die Kenntnisnahme von Daten einer Verordnung ermöglicht. Denn beim Hochladen in solche Apps würden die Daten ermittelt und dem App-Nutzenden angezeigt. Ein Mailingverfahren käme nur dann in Betracht, wenn dem QR-Code zusätzlich eine Ende-zu-Ende-Verschlüsselung angefügt werde.

In der analogen Welt geht die Verantwortung für den formalen Umgang mit einem Rezept mit der Abgabe der Praxis an den Empfänger über. Was dieser/diese damit tut, ist allein seine/ihre Sache. In der digitalen Welt können Sie als Ärzte/Ärztinnen auch für Fehlverhalten oder missbräuchliche Anwendung datenloser QR-Codes durch Dritte in Haftung genommen werden, wie wir jetzt erfahren. Daher muss die Funktionalität sofort nach Bekanntwerden zu Ihrem Schutz unterbunden werden. Das PVS-System, das dieses Verfahren ermöglicht hat, hat bereits am 19.08. eine Information an seine Kunden/Kundinnen versandt und wird in diesen Tagen die Funktion abschalten.

Nach diesen aktuellen Vorgaben ist der digitale Weg des eRezepts nun momentan für ca. 99% aller Verordnungsfälle unterbunden. Das restliche 1% verteilt sich folgendermaßen:

  • Die gematik App ist erst nur in wenigen Fällen nutzbar, weil die Krankenkassen aufgrund des Chipmangels nicht für alle Versicherten nfc-fähige Gesundheitskarten ausliefern können. Versicherte der AOK NordWest werden auf das Jahresende 2022 verwiesen, bei anderen Kassen läuft gerade eine Abfrage. Zudem sind überwiegend die Menschen nicht im Besitz eines modernen nfc-fähigen Smartphones und als drittes ist den Krankenkassen vor ca. zwei Wochen das Videoidentifizierungsverfahren zum Erreichen der PIN seitens des Datenschutzes untersagt worden. Versicherte müssen nun eine der in ländlichen Bereichen nur noch sporadisch vorhandenen Geschäftsstellen der Kassen aufsuchen oder ein Postident-Verfahren durchlaufen. Selbst wenn Hardware vorhanden ist, die Bluetooth-Verbindung zwischen Handy und Karte hergestellt werden kann und ein Versicherter/eine Versicherte tatsächlich eine App Freischaltung erreichen konnte, bleibt immer noch die Frage, ob der 6-stellige Anmeldecode immer zur Hand sein wird. Die Zeit wird zeigen, ob sich die App irgendwann als alltagstauglich für jedermann erweist.
     
  • Es ist möglich, einen eRezept-Code per KIM an Apotheken zu übersenden, sofern ein Patient/eine Patientin diesem zustimmt. Diese Option besteht allerdings erst dann, wenn Apotheken mit KIM-Modulen und -Adressen ausgestattet sind. Momentan soll dies nur auf eine Handvoll Apotheken in SH zutreffen. Insbesondere Praxen, die viele Versicherte in Heimen betreuen und dementsprechend viel rezeptieren, könnten ihre umliegenden Heime und Apotheken darauf hinweisen, dass per KIM eine digitale Option bestünde. KIM ist allerdings keine Vorgabe der gematik, um als eRezept-ready zu gelten, zudem erhalten Apotheken keine finanzielle Erstattung für das KIM-Modul.
     
  • Das eGK-Verfahren wird voraussichtlich nicht vor 2023 implementiert sein. Bei diesem Verfahren wird die eGK des/der Versicherten als Identifikationsinstrument mit einem Lesegerät in der Apotheke ausgelesen, was es dieser ermöglicht, das eRezept vom Fachdienst der gematik abzurufen. Das Verfahren setzt die physische Anwesenheit des/der Versicherten in der Apotheke voraus oder die Weitergabe der eGK an eine dritte Person zur Abholung der Medikamente. Es fehlt noch die abschließende Klärung, ob dieses Verfahren seitens des Datenschutzes für zulässig befunden wird, denn grundsätzlich ist auch ein missbräuchlicher Umgang mit eGKs möglich.
     
  • Das Einstellen eines eRezeptes in eine ePA scheitert momentan noch an der Verfügbarkeit.

Die KVSH hat Ihnen Anfang August in ihrem Anschreiben mitgeteilt, dass sie den eRezept-Rollout unterstützt, weil grundsätzlich für die Praxen eine Entbürokratisierung des Massenprozesses Rezept durch die Digitalisierung erreicht werden kann. Nach zwei Monaten intensiver Vorbereitung, Abklärung aller Wege und permanenter Absprache mit allen Akteuren sehen wir aktuell nicht, dass unser Ziel in den nächsten Monaten erreicht werden kann. Ein Ausdruckverfahren steht Ihnen selbstverständlich frei. Bedenken Sie dabei, dass Sie damit zwar ihre Prozessorganisation umstellen und üben können, Sie ansonsten für sich und Ihr Personal aber keinen Mehrwert erzielen, weil bei Massenanwendung mehr Zeit-, Druck- und Papierressourcen verbraucht werden. Sie ersparen zudem keinem Patienten/Patientin einen Weg, zu Rezeptnachbestellungen muss jeder unverändert kommen. Mit einem Ausdruck erleichtern Sie ggf. zwar die Rezeptabrechnung für Apotheken, wir halten dies allerdings nicht für eine Aufgabe der Praxen. Vermeiden Sie beim ausgedruckten eRezept außerdem unbedingt eine Übermittlung per Fax, denn dies ist datenschutztechnisch ebenfalls unzulässig.

Die KVSH wird in einer Pressemeldung veröffentlichen, dass sie noch vor dem offiziellen Beginn des eRezept-Rollouts alle weiteren Aktivitäten zunächst einstellt. Die bereits terminierten Schulungen mit Softwarehäusern werden als Videokonferenzen noch durchgeführt, die Mailadresse erezept@kvsh.de bleibt für Fragestellungen offen. Auch werden wir die Patienteninformationen für Sie freigeben, sobald die Druckerei diese herstellen und ausliefen kann. Übrigens: Dies verzögert sich mangels Papier!

Die Situation ist außerordentlich bedauerlich, hatten die Praxen doch erstmals Aussicht auf eine nutzbringende TI-Anwendung. Sofern Sie die eRezept-Zahlen auf dem gematik-Dashboard verfolgen: Diese Zahlen sagen nichts zur tatsächlichen Digitalisierung, denn die Ausdrucke zählen mit.

Die KVSH wird sich unterstützend wieder einschalten, wenn ggf. durch Gesetzesanpassungen und/oder technische gematik-Aktivitäten eine Entbürokratisierung für Praxen und eine Alltagstauglichkeit absehbar ist.

Vielen Dank für Ihr Verständnis

Dr. Monika Schliffke

KVSH wehrt sich gegen Falschbehauptung

(Pressemitteilung vom 23.08.2022)

Die Kassenärztliche Vereinigung Schleswig-Holstein (KVSH) stellt klar, dass es zu keinem Zeitpunkt ein offenes Mailing sensibler Gesundheitsdaten durch schleswig-holsteinische Praxen gegeben hat.

Damit widerspricht die KVSH heutigen Pressemeldungen und einem Zitat des Apothekerverbandes Schleswig-Holstein. Dies ist eine Falschbehauptung, gegen die sich die KVSH rechtliche Schritte vorbehält.

Per Mail übertragen wurde ausschließlich ein QR-Code, der weder Patienten-, noch Arzt- noch Medikamentendaten enthält. Dieser Code ist ein Schlüssel, mit dem in Apotheken die Daten eines Rezeptes erst sichtbar gemacht werden können.

Bei richtigem Umgang mit dem Code stellt das Verfahren eine deutliche Erleichterung für Patienten dar, weil es Ihnen mehrfache Wege erspart. Es muss aber eingestellt werden, weil ein kriminelles Hacking von Mails aus Smartphones von Patienten niemals absolut ausgeschlossen werden kann. Unbefugte könnten so an den Code gelangen und unter Nutzung frei zugänglicher Apotheken-Apps die vollständigen Daten sichtbar machen.

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