In einem Interview mit dem Ärzteblatt reflektiert der unparteiische Vorsitzende des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA), Josef Hecken, kritisch die aktuelle Debatte um die Qualität der stationären Versorgung im Zusammenhang mit der geplanten Krankenhausreform. Er räumt ein, dass einige Vorwürfe berechtigt seien, insbesondere bezüglich der Filigranität der Qualitätssicherung. Hecken verteidigt jedoch die Spezialrichtlinien des G-BA, die in Fachkreisen Anerkennung fänden, und betont die Notwendigkeit von wissenschaftlich abgesicherten Qualitätsvorgaben: "Wir haben im Moment die ganz, ganz schlimme und jedwede Evidenz missachtende Diskussion um die Mindestmenge Früh- und Neugeborene unter 1.250 Gramm", so Hecken im Ärzteblatt. "Die klare Evidenz, dass wir die Sterblichkeit um fünf Prozent senken, wenn die Mindestmenge auf jährlich 25 Fälle pro Klinik steigt, wird von einigen Bundesländern völlig negiert. Und zwar oft nur deshalb, um unbequeme Entscheidungen bei der Krankenhausplanung vor Ort nicht treffen zu müssen. Ich achte die Planungshoheit der Länder im Bereich der Krankenhausversorgung. Aber die Planungshoheit der Länder steht nicht im luftleeren Raum, sondern ist eingeordnet in das Qualitätsgebot des § 2 SGB V und in die allgemeine Verpflichtung, auch die körperliche Unversehrtheit der Patientinnen und Patienten zu schützen. Und deshalb kann Planungshoheit nicht bedeuten, dass aus regionalpolitischen Gründen an gewissen Stationen, die bestimmte Qualitätsanforderungen nicht erfüllen, festgehalten wird. Denn das Qualitätsgebot für die Versorgung von Patientinnen und Patienten gilt bundesweit ohne regionale Abstufungen", so der GBA-Vorsitzende.
Hecken warnt vor einer möglichen Einschränkung der Selbstverwaltung durch politische Institute und sieht die aktuelle Kritik am G-BA im Zusammenhang mit der Krankenhausstrukturreform als eine "neue Qualität", die das Grundprinzip der Selbstverwaltung infrage stellen könnte. Er erwartet Diskussionen über die Mindestmengen, insbesondere bei Brustkrebsoperationen, und warnt vor einer unüberlegten Strukturreform, die die bisherige Qualitätssicherung gefährden könnte.
(Quelle: Ärzteblatt)
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